Die Dreigroschenoper
unter Mitarbeit von Elisabeth Hauptmann
in einer Bearbeitung des Staatsschauspiels Dresden
mit zusätzlichen Texten von Lothar Kittstein
Besetzung
Handlung
„Ja, mach nur einen Plan“, singt Peachum im LIED VON DER UNZULÄNGLICHKEIT MENSCHLICHEN STREBENS, denn auch sein Plan geht nicht einfach auf. Ihm kommt mit Macheath ein Mann in die Quere, der noch radikaler im Verfolgen seiner Ziele zu sein scheint und der ihm auch noch die eigene Tochter Polly wegschnappt, indem er sie kurzerhand heiratet. Auch nach fast einhundert Jahren, die seit der Uraufführung der DREIGROSCHENOPER 1928 vergangen sind, zünden die Pointen und Lieder von Brecht und Weill. Beide hatten die englische BETTLEROPER von John Gay aus dem Jahr 1728 in ein Stück über das Leben im modernen Kapitalismus verwandelt und damit einen Welthit gelandet. In der Bearbeitung des Staatsschauspiels Dresden spielt die Handlung mit Verweisen auf die Gegenwart im heutigen Deutschland. Macheath träumt von Machtübernahme und Umsturz durch Selbstermächtigung, während sein Opponent, nicht weniger brutal und machtbesessen, auf legale Mittel setzt, um zur Herrschaft zu gelangen.
Eine Pause.
Vor fast einhundert Jahren, im Frühjahr und Sommer 1928, entstand mit der DREIGROSCHENOPER eines der innovativsten und erfolgreichsten Theaterstücke des 20. Jahrhunderts. Auf Grundlage von John Gays THE BEGGAR’S OPERA aus dem Jahr 1728, die Elisabeth Hauptmann übersetzt hatte, schufen Bertolt Brecht (Text) und Kurt Weill (Musik) in mehreren Stufen das neue Stück. In einer frühen Fassung trug das neue Werk noch den Untertitel DIE LUDEN-OPER, bevor in den nächsten Bearbeitungsstufen der Fokus immer deutlicher auf die Verschränkung von Staatsmacht und kriminellen Geschäften rückte. Brechts brillante Veränderung der Vorlage nutzte zwar die Struktur der Balladen-Oper von Gay, versah sie aber mit einem grundlegend neuen Thema – der Kritik an der Kriminalität des Kapitalismus. Zu diesem Zweck zeigte er den Machtkampf zwischen dem Bandenchef Macheath und dem Unternehmer Peachum, der ein Bettlerimperium führt, eingebettet in Rituale um Familie, Hochzeit und bürgerliche Moral. Der Kriminelle als Bürger und die Darstellung der bürgerlich-kapitalistischen Lebensweise als auf Gier, Raub und Betrug beruhende – darin lag die politische Sprengkraft der DREIGROSCHENOPER, als sie 1928 in Berlin im Theater am Schiffbauerdamm uraufgeführt wurde. Die beißende Ironie war in einer modernen und jazzigen Musik und in großartigen Songs verpackt, aber sie war stets präsent.
Fast einhundert Jahre später hat Brechts und Weills kritische Revue des Lebens im Kapitalismus immer noch Bestand. Die DREIGROSCHENOPER ist ein moderner Klassiker geworden und hat oft in der Bühnenpraxis das Schicksal erfahren, welches Max Frisch bereits 1964 als die „durchschlagende Wirkungslosigkeit eines Klassikers“ bezeichnete, wobei sich seine Kritik nicht auf Brecht selbst, sondern auf dessen Rezeption bezog. Nach fast einhundert Jahren Bühnengeschichte unternimmt das Staatsschauspiel Dresden den Versuch, mit einer Bearbeitung die DREIGROSCHENOPER in einen aktuellen politischen Kontext zu rücken. Dieses Experiment ist realisierbar geworden durch die großzügige und vertrauensvolle Unterstützung der Brecht-Erben und des Suhrkamp Verlags, die diese Bearbeitung für das Staatsschauspiel Dresden als einen Versuch einer aktuellen Brecht-Aufführung möglich gemacht hat. Diese Bearbeitung ist ein Experiment, ein Versuch, durch begrenzte textliche Einschübe des Autors Lothar Kittstein in den Text der DREIGROSCHENOPER neue und aktuelle Assoziationen zu schaffen und somit dieses Stück zu einem politischen Zeitstück zu machen – was es 1928 ebenfalls gewesen ist.
Der Autor Lothar Kittstein arbeitet seit mehr als zwanzig Jahren erfolgreich in verschiedenen literarischen Genres. Er hat Theaterstücke und Hörspiele veröffentlicht, für seine Kurzgeschichte NORWEGEN bekam er 2006 den Würth-Literaturpreis. In der Bearbeitung der DREIGROSCHENOPER für das Staatsschauspiel Dresden nehmen Kittstein und das Team um Regisseur Volker Lösch das gestische Theater Brechts auf und knüpfen an dessen Sprachgestaltung an. Dennoch sind die aktuellen Einschübe als solche erkenn- und hörbar und sie sollen auch nicht verborgen werden. Um den Zusammenhang von Spielszenen und thematischen Neusetzungen zu gewährleisten, sind neben geschlossenen textlichen Einschüben auch in einzelne Zeilen Brechts neue Begriffe gesetzt worden. Andere Textstellen sind aus der oben erwähnten frühen Fassung von 1928 übernommen worden, die uns durch das Brecht-Archiv zur Verfügung gestellt wurde.