Premiere 07.11.2015
› Kleines Haus 1
Nathan der Weise (2015)
Ein dramatisches Gedicht von Gotthold Ephraim Lessing
Handlung
Ende des 12. Jahrhunderts, zur Zeit des Dritten Kreuzzuges in Jerusalem. Dem jüdischen Kaufmann Nathan ist vor vielen Jahren ein christliches Mädchen anvertraut worden, das er als seine Tochter Recha aufzieht. Niemand weiß davon, bis auf die Christin Daja, die in Nathans Haus lebt. Als Nathan von einer Geschäftsreise zurückkehrt, erfährt er, dass sein Haus bis auf die Grundmauern abgebrannt ist. Recha wäre um ein Haar in den Flammen umgekommen, hätte sie nicht im letzten Moment ein junger Tempelherr gerettet. Dieser wiederum ist kurz davor vom muslimischen Herrscher Jerusalems, dem Sultan Saladin, begnadigt worden – als einziger von zwanzig gefangenen Rittern. Saladin, der einen Kreditgeber für seine leeren Kassen sucht, lässt Nathan zu sich holen und will ihn mit der Frage prüfen, welche der drei Religionen die beste sei. Dem Thema Toleranz entgeht man heute nicht, das Stück NATHAN DER WEISE drängt wieder in viele Spielpläne.
Gotthold Ephraim Lessing nannte seinen NATHAN 1779 „ein dramatisches Gedicht“ und antwortete damit auf eine in seiner Zeit heftig diskutierte Frage: Es ging um den Absolutheitsanspruch der christlichen Religion und die Frage nach der wahren Religion. Lessing selbst hatte nicht mit einer Bühnenkarriere des explizit als Argumentationsdrama konzipierten Stückes gerechnet. Es wurde erst 1783, zwei Jahre nach Lessings Tod, uraufgeführt und ist mittlerweile humanistische Pflicht- und Schullektüre. Der weise Nathan antwortet im Stück auf Saladins Frage mit der berühmten Ringparabel und der Aufforderung, dem eigenen Anspruch ohne Vorurteile und durch Taten nachzueifern. Leider, muss man wahrscheinlich sagen, ist die Frage um die richtige Religion wieder zu einer aktuellen und aggressiv geführten Diskussion geworden, und auch heute kann man sich in dieser Auseinandersetzung nicht genug auf Humanität und Menschlichkeit ohne Vorurteile besinnen.
Gotthold Ephraim Lessing nannte seinen NATHAN 1779 „ein dramatisches Gedicht“ und antwortete damit auf eine in seiner Zeit heftig diskutierte Frage: Es ging um den Absolutheitsanspruch der christlichen Religion und die Frage nach der wahren Religion. Lessing selbst hatte nicht mit einer Bühnenkarriere des explizit als Argumentationsdrama konzipierten Stückes gerechnet. Es wurde erst 1783, zwei Jahre nach Lessings Tod, uraufgeführt und ist mittlerweile humanistische Pflicht- und Schullektüre. Der weise Nathan antwortet im Stück auf Saladins Frage mit der berühmten Ringparabel und der Aufforderung, dem eigenen Anspruch ohne Vorurteile und durch Taten nachzueifern. Leider, muss man wahrscheinlich sagen, ist die Frage um die richtige Religion wieder zu einer aktuellen und aggressiv geführten Diskussion geworden, und auch heute kann man sich in dieser Auseinandersetzung nicht genug auf Humanität und Menschlichkeit ohne Vorurteile besinnen.
Dauer der Aufführung: 2 Stunden und 30 Minuten.
Eine Pause.
Eine Pause.
Besetzung
Regie
Wolfgang Engel
Bühne
Ansgar Prüwer-LeMieux
Kostüme
Nina Reichmann
Musik
Jan Maihorn
Licht
Björn Gerum
Dramaturgie
Felicitas Zürcher
Sultan Saladin
Sittah, Sultan Saladins Schwester
Nele Rosetz
Nathan, ein reicher Jude in Jerusalem
Recha, Nathans angenommene Tochter
Luise Aschenbrenner
Daja, eine Christin im Hause des Juden
Ein junger Tempelherr
Ein Derwisch
Der Patriarch von Jerusalem
Lars Jung
Ein Klosterbruder
Der Streit der Religionen: ein Pulverfass. Doch der Friede besteht, weil man miteinander redet und auch sich selbst in Frage stellt. Nathan: ein zögerlicher Mann mit leichter Spottlust. Saladin: ein intelligenter, beobachtender Diskutant. Sittah: eine kühle, erfahrene Politikerin.“
Alle Akteure sind fast durchweg auf der Bühne präsent, zwischen Spiel und Abwarten sind sie zum Schweigen verdammt, nicht aber zum Nichtstun. Denn selbst in den stummen Momenten blicken sie zumeist sehr beredt und wirken konfrontiert miteinander.
Wie aber erst in den Szenen! Philipp Lux als ‚moderner‘ Nathan braucht weder Rauschebart noch Schläfenlocken, sogar den Hut trägt er meist in der Hand. In ironischer Distanz parliert er mit Sultan Saladin, überlässt er die geliebte Tochter Recha dem Retter, der sich später als ihr Bruder erweist.
Engels Zugang ist zeitlos aktuell und braucht so auch keinen Ortsbezug.
Mit impulsiver Kraft spielt Hannelore Koch als Ziehmutter Daja immer wieder Vorbehalte und Grenzen herunter, schelmt sich lebensklug, wo sie überreden muss, zeigt echte Empörung, wo sie Unrecht spürt, ist wieder einmal ganz sie selbst. Die Authentizität gelingt auch Matthias Reichwald, dessen Sultan sowohl machtbewusst als auch lernbegierig ist.
Das Publikum ist begeistert von diesem sehenswerten, weil glaubwürdigen Abend, der uns mit Lessings Worten erklärt, ganz ohne Rechthaberei, dass Menschen Liebe mehr als Glauben brauchen – und zeigen, ja, leben wollen.“
Der Zweikampf zwischen Saladin und Nathan wird zum theatralischen Höhepunkt des Abends. Saladin, ständig Zigarette rauchend und überflüssigerweise oft auf dem Bauch liegend, ist in der Darstellung von Matthias Reichwald eine machtbewusste Spielernatur. Er belauert den Juden, will sehen, wie er den Kopf aus der Schlinge zieht. Philipp Lux – als Komödiant immer eine sichere Bank – spielt den Nathan zögerlich, nicht weise, mühsam um Fassung ringend, sehr menschlich. Die Traumrolle jedes Schauspielers ist für Lux eine große Herausforderung und erweitert sein künstlerisches Spektrum.
Die Entdeckung des Abends ist der junge Kilian Land. Er gehört seit dieser Spielzeit fest zum Dresdner Ensemble und fiel schon im Schauspielstudio auf. Seinem leicht aufbrausenden Tempelherren kocht das Blut in den Adern. Der Kopf verseucht vom Krieg, das Herz beherrscht von Liebe zu Recha, das Gewissen geplagt von Reue. Der junge, trotzige Ritter steckt voller Vorurteile, die nach und nach ins Wanken geraten. Schauspielstudentin Lieke Hoppe, nicht verwandt mit Rolf Hoppe, wird an der Rolle von Nathans angenommener Tochter Recha wachsen.
Eine feine Studie als Klosterbruder, geduckt lebend, vom aufrechten Gang träumend, liefert Holger Hübner ab. Hannelore Koch verrät als kupplerische Haushälterin Daja dem verliebten Tempelherrn, dass Recha kein Judenmädchen, sondern christlicher Abstammung ist.“
‚Wenn wir solch einen Nathan als Schüler gesehen hätten, wären wir andere Menschen geworden‘, kommentiert ein Premieren-Besucher die soeben gesehene Inszenierung – und hat damit nicht übertrieben. Von der ersten bis zur letzten Minute bannte das Stück und macht klar: Ja, das ist die Geschichte, die jetzt, hier und heute erzählt werden muss. Das was unser Dasein, unser Zusammenleben ausmacht, heißt Hochachtung vor der Würde eine jeden einzelnen Menschen. Das, was unser Zusammenleben zerstört, ist religiöses Eifern und Dogmatismus.
Regisseur Wolfgang Engel verlässt sich ganz auf den Text: karge Bühnenausstattung, kein Videoschnickschnack, kein ‚Soundtrack‘ aus dem Off. Dafür eine Riege von Schauspielern, die hochkonzentriert unter Beweis stellt, wie die Kraft des gesprochenen Wortes wirken kann.“