Handlung
Gericht und Parlament haben getagt, die Urteile sind gesprochen. Elisabeth, Königin von England, zögert. Bei ihr allein liegt die Entscheidung über Leben und Sterben der Stuart. Doch sie zaudert, hin- und hergerissen zwischen Staatsinteressen, Verwandtschaftsgefühlen, uralten Königsmörderängsten, Herzenshass auf die Rivalin und ein paar ungewohnten Gewissensbissen. Ihre Berater streiten. Baron Burleigh, dem die Staatsräson wie eine zweite Haut über den Leib gewachsen ist, drängt: Tod der Frau, Tod den Katholiken und Franzosen. Graf Leicester, überzeugt, Elisabeth wie Maria ein fester Halt im Staat und als Liebhaber sein zu können, schwankt zwischen den Parteien. Und ausgerechnet Talbot, der für England jahrelang über Maria wachte, rät zur Gnade.
Die schöne Stuart, Maria, Königin von Frankreich und Schottland, hat die Titel längst verwirkt. Ihr Anspruch auf den englischen Thron jedoch besteht fort und macht ihre Flucht aus den schottischen Revolten in den Gewahrsam ihrer protestantischen Großtante Elisabeth fragwürdig. Schnell wird sie zum Idol all derer, die mit dem zwiespältigen Fortschritt der Zeit nicht zurande kommen: nicht mit dem neuen Reichtum, den Piraterie und Handel ins Land schwemmen, nicht mit der theologischen Umwertung, die nach dem Bruch mit dem Papst um sich greift, erst recht nicht mit den neuen Herren, die sich durch die Instanzen des Staates nach oben kämpfen. Sie alle finden in Maria die verführerische Verkörperung ihrer Wünsche und eine willige Intrigantin. Zahlreich sind die Komplotte, die mit der Stuart in Verbindung gebracht werden; das letzte führt zu ihrem Todesurteil.
Die schöne Stuart, Maria, Königin von Frankreich und Schottland, hat die Titel längst verwirkt. Ihr Anspruch auf den englischen Thron jedoch besteht fort und macht ihre Flucht aus den schottischen Revolten in den Gewahrsam ihrer protestantischen Großtante Elisabeth fragwürdig. Schnell wird sie zum Idol all derer, die mit dem zwiespältigen Fortschritt der Zeit nicht zurande kommen: nicht mit dem neuen Reichtum, den Piraterie und Handel ins Land schwemmen, nicht mit der theologischen Umwertung, die nach dem Bruch mit dem Papst um sich greift, erst recht nicht mit den neuen Herren, die sich durch die Instanzen des Staates nach oben kämpfen. Sie alle finden in Maria die verführerische Verkörperung ihrer Wünsche und eine willige Intrigantin. Zahlreich sind die Komplotte, die mit der Stuart in Verbindung gebracht werden; das letzte führt zu ihrem Todesurteil.
Dauer der Aufführung: ca. 2 Stunden.
Keine Pause.
Keine Pause.
Besetzung
Regie
Thomas Dannemann
Bühne
Olaf Altmann
Kostüme
Musik
Jan Beyer
Licht
Michael Gööck
Dramaturgie
Elisabeth, Königin von England
Maria Stuart, Königin von Schottland
Anja Laïs
Robert Dudley, Graf von Leicester
Georg Talbot, Graf von Shrewsbury
Wilhelm Cecil, Baron von Burleigh
Wilhelm Davison, Staatssekretär
Amias Paulet, Hüter der Maria
Mortimer, sein Neffe
Lukas Rüppel
Graf Aubespine, französischer Gesandter
Diese ‚Maria Stuart‘ ist die Showtreppe für zwei großartige Darstellerinnen. Anja Laïs spielt Maria Stuart, Fanny Staffa die Elisabeth I. Beide sind Neuzugänge am Ensemble und bekommen hier ihren ersten großen Auftritt. Allein, um Anja Laïs zuzusehen, lohnt sich der Besuch. Sie spielt eine Maria, der 19 Jahre Kerker den königlichen Stolz nicht nehmen konnten. Vom Hals abwärts sieht sie mit einem unförmigen orangefarbenen Overall aus wie eine Gefangene aus Guantanamo. Frisur und Halskrause jedoch erinnern an früher, als die Königin von Schottland frei war. Bis heute bebt in ihr der Wunsch, ‚zwei edle Nationen zu vereinen‘, noch immer hebt sie die Hand zur verkümmerten königlichen Geste, auch wenn der Rest des Körpers der einer Gefangenen ist. Der Versuch, sie kleinzukriegen, ist bislang kläglich gescheitert.
Auf der anderen Seite steht Elisabeth I., Fanny Staffa spielt sie als harte, ikonenhaft auftretende Königin von England. Ihr glitzerndes Kostüm wirkt einschüchternd wie ein lebendiges Zepter.
Fanny Staffa ist eine kühl taktierende Elisabeth, aus deren Tiefe jedoch immer Hadern und Zweifel durchscheinen. Mit großer Anstrengung hält sie Gefühle in Schach. Manchmal schwindet die Kraft, sie will kapitulieren vor der Entscheidung, ob sie Maria Stuart hinrichten lässt oder nicht. Dann zittert Fanny Staffas Elisabeth, will zusammensacken. Sie fängt sich immer. Wie regiert man als Frau in einer Männerwelt, diese Frage hat sich zwischen Elisabeth I. und Angela Merkel kaum verändert. Regisseur Thomas Dannemann muss für diese Assoziation niemanden eine Raute machen lassen. ‚So steh ich kämpfend gegen eine Welt. Ein Weib!‘, keucht Fanny Staffa. Mehr braucht es nicht als diesen Satz.
Nun, offenbar brauchte der Regisseur noch einen dritten Star: die Bühne. Deutschlands umtriebigster Bühnenbildner Olaf Altmann hat zwei extreme Flächen entworfen, eine lässt sich in den Boden abkippen, die andere senkt sich drückend von oben auf die Spieler hinab. Zusammen mit dem ausgeklügelten Lichtdesign von Michael Gööck führt das zu atemberaubenden Effekten, zum spitz nach hinten zulaufenden Winkel oder einem weit geöffneten Maul.“
Das stark reduzierte und flächendominante Bühnenbild schärft die Konzentration nahezu ausschließlich auf die agierenden Personen.“
Der Text liefert weitere Assoziationen. ‚O Sklaverei des Volksdienstes‘, lamentiert gegen Ende Angela Merkel – pardon, nein, die vereinsamte Elisabeth. ‚Der ist nicht recht König, der der Welt gefallen muss‘, resigniert sie in dem Augenblick, da ihre Macht mit der Hinrichtung Marias scheinbar unantastbar geworden ist. In der Dresdner Inszenierung legt sie dabei Perücke und Kragen ab. Der Druck des ‚Pöbels‘ liefert die unsichtbare Kulisse für das Machtspiel am englischen Hof, in dem sich Staatsräson, Leidenschaften, religiöser Fanatismus und das besondere Verhältnis zweier Königinnen in einer ansonsten von Männern dominierten Welt vermischen.
Die zupackendste Sprache finden einmal mehr Torsten Ranft als Burleigh und Ahmad Mesgarha als Leicester. Kontrahenten im Ringen um das Leben von Maria Stuart, wie man sie sich auch historisch vorstellen kann. Die Textkürzung um ein Drittel auf eine straffe Zweistundenfassung bringt einesteils auch dem unbelesenen Zuschauer einen klaren Handlungsfaden.
Das wie immer stark reduzierte und flächendominante Bühnenbild von Olaf Altmann schärft die Konzentration nahezu ausschließlich auf die agierenden Personen. Man durfte schon vorab gespannt sein, welche mechanisch aufwändige Bühnenkonstruktion er sich diesmal einfallen lassen würde. Podium und eine riesige Holzdecke lassen sich scherenartig aufeinander zu bewegen. So steigen die Spieler entweder in das Verlies einer Unterbühne hinab oder müssen auf einem extrem schräg gestellten Podium balancieren. Das Deckenelement lässt sich in seiner Neigung sinnvoll variieren, schließt sogar in Elisabeths ausweglosester Situation symbolträchtig nach hinten ab.
Ausdrückliche Erwähnung verdient Lichttechniker Michael Gööck. Mit raffinierten Spots erzeugt er auf der weitgehend leeren Bühne suggestive Raumstimmungen und Fokussierungen. Die behält man in Erinnerung, ähnlich wie treffliche Regieeinfälle, beispielsweise die eigentlich gemordete Maria plötzlich im königlichen Kleid an derselben Stelle auftauchen zu lassen, wo Elisabeth verschwand.“
Radikal reduziert ist diese ‚Maria Stuart‘, Schillers Blankverse gekürzt auf zwei Stunden, in der Regie von Thomas Dannemann noch schneller durchgespielt – ein Turbo-Schiller.
Fulminant die Bühne von Olaf Altmann: zwei schwarze Flächen, die sich hoch- und niedersenken und unter bedrohlichem Sound aus Brummen, Atmen und Pochen den Raum verengen. Eine effektive Raum-, Licht- und Ton-Inszenierung, die das Stück zum veritablen Thriller werden lässt.“
Maria steigt im orangenen Knastanzug langsam von der Unterbühne hinauf. Ihre Schritte sind kippelig, das Gesicht blass. Das, was sie sagt, kommt ihr nicht leicht über die Lippen. In der nächsten Minute versucht sie, souveräner zu wirken, schafft es aber nicht. So labil, wie Anja Laïs sie spielt, glaubt man jedes ihrer Wörter. Sie gibt der Titelfigur bewusst blasse, ausgetrocknete Konturen. Was sie mit den Sätzen veranstaltet, wie sie ihre Stimme einsetzt, das ist akkurates Schauspiel, was Maria unsagbar tief charakterisiert. Mitunter scheint es anstrengend, ihr zuzuhören, aber das ist gut so. Als ihre Gegenspielerin und gleichzeitig Cousine – natürlich auf der oberen Bühnenfläche – auftritt, scheint man wie in einer anderen Welt. Fanny Staffa gibt Königin Elisabeth eiskalte Züge. Sobald sie redet, verstummen ihre Berater. Ihre snobistischen Sätze haben bei Staffa eine starke Wirkung. Ein schillerndes Glitzer-Paillettenkleid lässt sie majestätisch wirken. Doch ihre Macht kennt Grenzen. Selbstbewusst wirkt sie immer, aber das ist Fassade. Im Geheimen ist auch sie unsicher, muss immerzu abwägen, was es bedeuten würde, wenn sie Maria Stuart töten würde. Es fällt ihr nicht leicht, diese Hinrichtung zu unterschreiben. Allein schon wegen dieser beispiellosen Schauspielerinnen, die oft unabhängig voneinander im düsteren Licht agieren, sollte man MARIA STUART in Dresden sehen.
Die zwei Stunden Spieldauer vergehen wie im Flug und genau das ist der Anspruch.“