Uraufführung 23.04.2010 › Kleines Haus 2

Gott allein

von Jan Neumann
Gott allein
Auf dem Bild: Benjamin Pauquet, Annika Schilling, Sebastian Wendelin, Stefko Hanushevsky
Foto: HL Böhme
Gott allein
Auf dem Bild: Benjamin Pauquet, Annika Schilling, Sebastian Wendelin, Stefko Hanushevsky
Foto: HL Böhme
Gott allein
Auf dem Bild: Sebastian Wendelin, Stefko Hanushevsky, Benjamin Pauquet, Annika Schilling
Foto: HL Böhme
Gott allein
Auf dem Bild: Stefko Hanushevsky, Sebastian Wendelin, Benjamin Pauquet, Benjamin Höppner, Annika Schilling
Foto: HL Böhme
Gott allein
Auf dem Bild: Annika Schilling, Sebastian Wendelin
Foto: HL Böhme
Gott allein
Auf dem Bild: Annika Schilling, Stefko Hanushevsky
Foto: HL Böhme
Gott allein
Auf dem Bild: Sebastian Wendelin, Annika Schilling, Stefko Hanushevsky
Foto: HL Böhme
Gott allein
Auf dem Bild: Benjamin Pauquet, Benjamin Höppner, Sebastian Wendelin, Stefko Hanushevsky, Annika Schilling
Foto: HL Böhme
Gott allein
Auf dem Bild: Benjamin Pauquet, Benjamin Höppner
Foto: HL Böhme

Handlung

Geschichten von Menschen unter den Lichtern und hinter den dunklen Fassaden

Was haben ein Cowboy, eine Katze namens Amadeus und fünf ukrainische Zehnkämpfer gemeinsam? - Das weiß Gott allein. Und Harald Zwilling, genannt Harry, der den Schicksalsschlägen des Lebens mit unerschütterlichem Glauben an sich selbst trotzt. In amüsanten Selbstgesprächen und mit viel Fantasie gelingt es ihm immer wieder, den eigenen Lebensmut zu stärken und auch sein Umfeld zu positivem Denken zu motivieren. Doch als er seine Arbeit an der Verpackungsmaschine einer Verpackungsmaschinenfabrik verliert, ihn bald darauf seine Frau mit der gemeinsamen Tochter verlässt, dann die Suche nach einem neuen Job trotz  einhundertfünf Bewerbungsgesprächen erfolglos bleibt und sich zudem sein bester Freund das Leben nimmt, wird sein Optimismus auf eine harte Probe gestellt. An seinem vierzigsten Geburtstag steht Harald Zwilling schließlich in einer Kneipe und gibt von den kleinen großen Momenten der Selbsterkenntnis und Chancen in Krisen erzählend Einblick in den Kopf eines Hardcore-Optimisten.
„Gott allein“ ist eine Stückentwicklung. Den Theatertext schreibt der Autor und Regisseur Jan Neumann gemeinsam mit den Schauspielern während der Probenzeit. Neumann ist Spezialist für diese Art von Stückentwicklungen und hat so bereits eine Anzahl spannender und weithin wahrgenommener Stücke und Inszenierungen geschaffen. Mit seiner Arbeitsmethode ist er auf dem Weg, zu einer neuen, eigenständigen Theatersprache zu finden.
Jan Neumann wurde 1975 in München geboren und hat an der Bayerischen Theaterakademie „August Everding“ Schauspiel studiert. Seit der Spielzeit 2004.2005 führt er auch Regie. Unter anderem schrieb und inszenierte er für das lettische New Riga Theatre unter der Leitung von Alvis Hermanis sowie für das Schauspiel Frankfurt und das Schauspiel Stuttgart.

Besetzung

Regie
Jan Neumann
Bühne
Daniel Angermayr
Kostüme
Nini von Selzam
Dramaturgie
Jens Groß
Mit
Stefko Hanushevsky, Benjamin Höppner, Benjamin Pauquet, Annika Schilling, Sebastian Wendelin

Video

Zum Stück

Eine maßgeschneiderte Uraufführung für Dresden

von Jens Groß
Jan Neumann bringt uns Menschen nah, die zumeist sehr unspektakulär erscheinen. Wie zum Beispiel in seiner ersten Dresdner Arbeit „Gott allein“ jenen Harald Zwilling mit seinen multiplen Brüdern im Geiste. Es geht ihm darum, wie sich Figuren vorsichtig aus der ­Deckung ihres emotionalen Panzers wagen und beginnen, langsam ihrer inneren Stimme zu folgen. Aus ­vielen szenischen Fragmenten, die sich erst sehr spät im Verlaufe der Probenarbeit zu einem ganzen Stück hin entwickeln, spürt man die große Sehnsucht des Autors heraus, im Theater Geschichten erzählen zu wollen, die berühren, weil sie eben mit dem Leben zu tun haben. Ganz alltägliche, kleine Dramen, wie sie jedes Leben bereit hält. Aber Neumanns ­Arbeitsform ist durchaus ungewöhnlich und gewöhnungsbedürftig. Das Stück entsteht erst auf den Proben. Was? Zum Probenbeginn kein fertiges Stück? Warum produziert man denn nicht einfach fertige Stücke?

Letzteres tut das Theater ja in der Regel auch, manchmal aber ist es auch angebracht, neue Produktionswege einzuschlagen, um vielleicht zu anderen, als vorher erwartbaren Ergebnissen zu kommen, zumal wenn man einen Regisseur und Autor zur Verfügung hat wie Jan Neumann, der das Prinzip Stückentwicklung in vielen deutschen Städten schon sehr erfolgreich praktiziert hat.

„Entscheidet sich ein Theater für Jan Neumann und steht auf dessen Vertrag ‚Stückentwicklung‘, bekommt es genau das. Was dabei allerdings herauskommt, weiß niemand. Sobald Neumann mit den Schauspielern improvisierend Text entwickelt, dem er in einsamen Abend- und Nachtstunden die Struktur einer literarischen Erzählung verleiht, entsteht ein Stück ­ ‚on demand‘ “ (Süddeutsche Zeitung 1. Dezember 2009). Stückentwicklungen heißt bei Jan Neumann, dass er mit einem Thema (in diesem Fall: „allein“) und einigen ersten Ideen und Schlüsselbegriffen (aber ohne fertigen Text) auf die erste Probe kommt und dann gemeinsam mit seinem Ensemble in Diskussionen, Improvisationen und biographischen Erkundungen diesen ersten Spuren und ihrer möglichen gesellschaftlichen Relevanz nachgeht. Aus den auf Proben gesammelten Bausteinen montiert er zuletzt (abends nach der Probe) ein Stück, das individuell auf den Spielort und die Mitspieler zugeschnitten ist und dennoch die Handschrift des Autors trägt. Eine maßgeschneiderte Uraufführung sozusagen.
Dass so ein Experiment überhaupt gelingen kann, liegt natürlich an der sprachlichen und dramaturgischen Qualität des hochtalentierten Autors. Und dennoch das Besondere daran ist die Methode, dass der Regisseur und Autor mit seinen Schauspielern zusammen das Stück erarbeitet, die Schauspieler zu seinen Koautoren macht. Vieles ist aus der Improvisation und aus Diskussionen heraus entstanden, hat das Schreiben des Autors beeinflusst. Die Logik der Ereignisse wird dann aber wieder von der Erzählstruktur, das heißt von der Logik des Autors bestimmt und führt dadurch zu einer Mischung aus detailgenauer Erzählung, Monologen und Dialogen. Aus diesem Wechselspiel ergibt sich weiterhin eine sehr eigene Spielform: Die Schauspieler erzählen am Ende zum Teil eigene, immer aber vom Autor verdichtete und erweiterte Texte, schlüpfen dann flugs in eine andere Rolle und switchen dann wieder zurück, mal sind sie Hauptfiguren in ihrer eigenen Episode, mal Nebenfiguren in den anderen, mal sind sie Erzähler, mal betroffene Figuren. Das führt zu einem sehr unterhaltsamen Theaterspiel, wo es vor allem um den Menschen und auch um die komische Seite des Menschlichen geht.

Jan Neumann mag seine Figuren, mag Menschen und schaut mit kritischem Blick, aber voller Humor auf die Welt. Und er, der seine künstlerische Karriere selber als Schauspieler begonnen hatte, liebt seine Schauspieler, denen er eben zutraut, auf Grund ihrer Profession selber auch einen sehr guten Blick auf das Menschliche zu haben.