Dresdner Reden 2023
Seit über 30 Jahren begleiten die Dresdner Reden das Zeitgeschehen. Jedes Jahr laden die Sächsische Zeitung und das Staatsschauspiel Dresden Persönlichkeiten des nationalen und internationalen Kultur- und Geisteslebens ein, im Schauspielhaus eine Rede zu halten. Verbunden sind diese Reden durch den ‚Gedanken zur Zeit‘, ein vorgegebenes Motto gibt es nicht.
Redner*innen
Sonntag, 12.02.2023, 11.00 Uhr
„Vergangenheit ist eine voreilige Form von Gegenwart. Darum kann uns Heutigen auch Caspar David Friedrich, 250 Jahre nach seiner Geburt, so viel sagen. Worin liegt die Zeitlosigkeit seiner Sehnsuchtslandschaften? Welches Verhältnis zur Natur kann er uns lehren in den Zeiten der Klimakatastrophe? Und warum werden seine Bilder auch das Internetzeitalter überleben?“
Florian Illies, Jahrgang 1971, Autor von 1913. DER SOMMER DES JAHRHUNDERTS und LIEBE IN ZEITEN DES HASSES, gilt als Experte für die Kunst des 19. Jahrhunderts wie auch für die Gemütslagen der Gegenwart. Im Oktober eröffnete im Kupferstichkabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden die von ihm initiierte Ausstellung DER LETZTE ROMANTIKER. ALBERT VENUS, nun beschäftigt er sich in seiner Dresdner Rede mit einem der bedeutendsten Künstler der deutschen Frühromantik.
Sonntag, 19.02.2023, 11.00 Uhr › verschoben auf den 26.03.2023, 11.00 Uhr
„Wir sind in der sprichwörtlichen Multikrise. Die Pandemie, die die Gesellschaft tiefgreifend erschüttert, ist noch nicht bearbeitet, da fordern Krieg, Energiewende, Inflation erneut existenziell heraus – und über allem schwebt die Klimakrise.
Was brauchen Gesellschaften, um in solchen Zeiten widerstandsfähig zu sein? In der Rede werden Herausforderungen analysiert und Lösungsansätze vorgestellt, um individuelle wie gesellschaftliche Resilienz zu stärken und gut durch ein absehbar schwieriges Jahrzehnt zu kommen.“
Prof. Dr. Alena Buyx ist Vorsitzende des Deutschen Ethikrats und Direktorin des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin an der Technischen Universität München, weitere Abschlüsse hat sie in Soziologie und Philosophie. Ihre Arbeitsgebiete umfassen medizinethische Fragen aus der klinischen Praxis, Herausforderungen durch biotechnologische Innovation und medizinische Forschung sowie Gerechtigkeitsfragen in modernen Gesundheitssystemen. 2020 wurde sie in der Sektion Wissenschaftstheorie in die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina gewählt, 2021 erhielt sie den Deutschen Nationalpreis.
Sonntag, 26.02.2023, 11.00 Uhr
„‚We are in an imagination battle‘, schreibt die Autorin Adrienne Maree Brown über die Missstände unserer Gegenwart. Wir leben in einem Kampf um Träume und Imaginationen. Wer hat die Gesellschaft, in der wir heute leben – so wie sie ist und funktioniert – eigentlich erträumt? In wessen Zukunftsvision leben wir? Und wie sehen alternative Träume, Imaginationen, Wünsche und Zukünfte aus? Wer hat das Privileg, weitreichende gesellschaftliche Zukunftsszenarien und -utopien zu erdenken? Wer ist mit Überleben beschäftigt? Und: Wie kommen wir alternativen Idealen oder gar Utopien näher? Wie funktioniert Zukunft? Und wie kommen wir raus aus der Dekonstruktion der Gegenwart, hinein in die Konstruktion einer wünschenswerteren, gerechteren Zukunft? An diesem Vormittag wollen wir uns entlang dieser Fragen versuchen, Antworten zu nähern. Denn Fragen schaffen Orte, an denen Antworten zur Welt kommen können.“
Kübra Gümüşay ist Autorin des Bestsellers SPRACHE UND SEIN sowie Initiatorin zahlreicher preisgekrönter Kampagnen und Vereine – u. a. des feministischen Co-Creation Spaces eeden in Hamburg und des Bündnisses #ausnahmslos, das 2016 mit dem Clara-Zetkin-Frauenpreis ausgezeichnet wurde. Ihr Blog ein-fremdwoerterbuch.com wurde 2011 für den Grimme Online Award nominiert. Das Magazin Forbes zählte sie 2018 zu den Top 30 unter 30 in Europa. Als Senior Fellow der Mercator Stiftung befasst sie sich derzeit an der Universität Cambridge mit alternativen Zukünften und realen Utopien.
Sonntag, 05.03.2023, 11.00 Uhr
Wir befinden uns am Ende des Zeitalters der Expansion – und wir brauchen ein neues Narrativ für den nächsten Schritt. Die Begrenztheit unserer Erde kollidiert mit der Realität und Notwendigkeit rasanter gesellschaftlicher Entwicklung. Wenn man akzeptiert, dass beides harte Realitäten sind, dann stehen wir vor einem Dilemma von Begrenztheit und Dynamik. Der verzweifelte wenn auch verständliche Ruf nach Verzicht und Rückbesinnung ist hilflos und wenig zielführend, denn er löst das Dilemma nicht auf. Das mathematische Prinzip der Faltung könnte diese Lösung liefern, denn es erlaubt unendliche Entwicklung in einer endlichen Welt durch Wachstum in die Vielfalt. Nicht Wachstum ins Mehr, sondern Wachstum in die Diversität. Und zwar nicht theoretisch, sondern sehr praktisch – sei es beim Europäischen Emissionshandel oder der Unternehmenssteuer.
Prof. Dr. Anders Levermann ist Professor für die Dynamik des Klimasystems am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Physikalischen Institut der Universität Potsdam sowie seit 2015 Wissenschaftler an der Columbia University in New York. Er forscht sowohl zu physikalischen Kippprozessen im Klimasystem als auch zu den ökonomischen Folgen von Wetterextremen und ist einer der weltführenden Experten zu Meeresspiegelveränderungen. Der Klimawissenschaftler hat über 130 Fachpublikationen veröffentlicht, leitet die Entwicklung des Schadenskaskadenmodells acclimate und berät Vertreter aus Politik und Wirtschaft.
Sonntag, 12.03.2023, 11.00 Uhr
„Die wachsende Ungleichheit ist das Kardinalproblem unserer Gesellschaft, wenn nicht der Menschheit insgesamt. Denn sie führt zu ökonomischen Krisen, ökologischen Katastrophen sowie Kriegen und Bürgerkriegen. Wenn die Massenmedien, die etablierten Parteien und die politisch Verantwortlichen hierzulande das Thema der (wachsenden) Ungleichheit überhaupt zur Kenntnis nehmen, konzentriert sich das Interesse vorwiegend auf die Armut. Denn die Armut lässt sich als individuelles Problem abtun, dem auf karitativem Wege begegnet werden kann, materielle Ungleichheit hingegen nicht. Schwerer zu erfassen ist der Reichtum, nicht zuletzt deshalb, weil er sich gut versteckt bzw. tarnt. Was ist zu tun? Ungleichheit muss bekämpft, Armut beseitigt und Reichtum begrenzt werden.“
Prof. Dr. Christoph Butterwegge hat von 1998 bis 2016 Politikwissenschaft an der Universität zu Köln gelehrt. Zuletzt sind von ihm die Bücher UNGLEICHHEIT IN DER KLASSENGESELLSCHAFT, KINDER DER UNGLEICHHEIT. WIE SICH DIE GESELLSCHAFT IHRER ZUKUNFT BERAUBT und DIE POLARISIERENDE PANDEMIE. DEUTSCHLAND NACH CORONA erschienen.