Premiere 23.02.2018
› Kleines Haus 2
Die Nashörner
Handlung
Über den bis gerade eben ruhigen Marktplatz einer beschaulichen Provinzstadt walzt plötzlich und unerklärbar ein Nashorn. Der Zwischenfall, der zunächst für alarmierende Hysterie sorgt, wird schnell zur Normalität, denn es bleibt nicht bei diesem einen Nashorn: Nach und nach verwandeln sich rätselhafterweise immer mehr Einwohner*innen in graue Dickhäuter, willentlich oder aus Pflichtgefühl, um mit dem Zeitgeist zu gehen oder einfach um dazuzugehören. Die anfangs absurde Verwandlung wird in kurzer Zeit zur banalen Realität quer durch alle sozialen Schichten, bei der die individuellen Besonderheiten in der grauen Herde untergehen.
Eugène Ionesco entwarf in den 1950er Jahren nicht nur ein Gesellschaftspanorama, das auf die Wurzeln des Totalitarismus in der Verantwortungslosigkeit des Einzelnen verwies, er warnte auch vor der wieder aufkommenden Tendenz zu sozialem Konformismus und der Rückbesinnung auf allzu harmonische Traditionen und Weltbilder, die mit der Wirklichkeit nicht in Übereinkunft zu bringen waren. Diese Kritik an seinen Zeitgenoss*innen wurde gerne und häufig zugunsten eines viel einfacher gedachten Porträts des bereits zurückliegenden Totalitarismus in Deutschland ausgeblendet. Doch die Kritik an einem hinter dem Individualismus versteckten Zwang zu Konformität, an einfachen und unreflektierten Weltbildern und den Dynamiken, die mit der Verführung durch Macht einhergehen, hat an Aktualität nicht verloren.
Eine Inszenierung mit Studierenden des Schauspielstudios der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig am Staatsschauspiel Dresden.
Eugène Ionesco entwarf in den 1950er Jahren nicht nur ein Gesellschaftspanorama, das auf die Wurzeln des Totalitarismus in der Verantwortungslosigkeit des Einzelnen verwies, er warnte auch vor der wieder aufkommenden Tendenz zu sozialem Konformismus und der Rückbesinnung auf allzu harmonische Traditionen und Weltbilder, die mit der Wirklichkeit nicht in Übereinkunft zu bringen waren. Diese Kritik an seinen Zeitgenoss*innen wurde gerne und häufig zugunsten eines viel einfacher gedachten Porträts des bereits zurückliegenden Totalitarismus in Deutschland ausgeblendet. Doch die Kritik an einem hinter dem Individualismus versteckten Zwang zu Konformität, an einfachen und unreflektierten Weltbildern und den Dynamiken, die mit der Verführung durch Macht einhergehen, hat an Aktualität nicht verloren.
Eine Inszenierung mit Studierenden des Schauspielstudios der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig am Staatsschauspiel Dresden.
Dauer der Aufführung: 1 Stunde und 40 Minuten.
Keine Pause.
Keine Pause.
Besetzung
Regie
Juliane Kann
Bühne
Vinzenz Gertler
Kostüme
Josephin Thomas
Musik
Daniel Freitag
Licht
Dramaturgie
Die Hausfrau
Claudia Korneev
Der Händler
Paul Wilms
Hans
Tillmann Eckardt
Behringer
Alexander Ganz
Die Kellnerin
Marina Poltmann
Der ältere Herr
Lucas Lentes
Der Logiker
Emil Borgeest
Daisy
Tammy Girke
Schmetterling
Marina Poltmann
Stech
Emil Borgeest, Paul Wilms
Wisser
Lucas Lentes
Frau Ochs
Claudia Korneev
Sich dem Aktuellen auszuliefern, birgt das Risiko des politischen Erklärbärs. Etwas, dem die Bühne aus dem Weg gehen muss, weil es die Sachverhalte verkürzt, statt den Horizont zu weiten. Der offen liegende Zeitbezug bei Ionescos ‚Die Nashörner‘ wäre also einfach und schnell herzustellen, er säuselt und lockt geradezu. Doch diese Falle hat das Team um Regisseurin Juliane Kann und Bühnenbildner Vinzenz Gertler bei der jüngsten Ionesco-Premiere im Kleinen Haus weiträumig und elegant umgangen. Vor allem elegant.
Ein Abend, der aus komponierten kleinen Szenen besteht, die bestechend ineinandergreifen. Wie die einzigartige Choreografie mithilfe einer überlangen Neonröhre, die ganz verschiedene Funktionen einnimmt und szenische Gruppenteilungen jeweils sehr effektiv untermalt. Dabei schimmert auch das Komische durch.
Das Tempo ist dabei hoch, aber nie hektisch. Beständig befeuert wird die Szenerie von einem Soundtrack (Daniel Freitag), der meist nur wenige Töne umfasst, die dafür umso intensiver wirken.
Ionesco schickt uns auf einen Trip an die Grenze vom Möglichen zum Unmöglichen, darüber hinaus – und wieder zurück. Behringers ‚Ich kapituliere nicht‘ ist der Beweis für diese Reise. Es geht um nicht weniger als um alles. Dazu braucht es keinen Zeitbezug. Langer Premierenbeifall. Verdient.“
Ionesco zeigt in seinem ‚Theater des Absurden‘ das Absurde als das Alltägliche. Die Welt erscheint banal, grotesk, unerklärbar. Die Menschen reden mit Worthülsen aneinander vorbei. Der Dramatiker will Ängste, Wünsche, Träume der Menschen sichtbar machen. Da ihnen die Worte fehlen, überträgt die Regie deren Gefühle in körperliches, pantomimisches Spiel. Die Studenten tanzen ein irrwitziges Ballett der Verrenkungen, Verheißungen, Verzückungen. Höchster physischer Einsatz von allen Akteuren, sie kreuchen, kriechen und krabbeln über die karge Bühne. Als Zuschauer hat man das Gefühl, einer Übungsstunde beizuwohnen.“