Uraufführung 26.05.2018
› Schauspielhaus
Circus Sarrasani. The Greatest Show on Earth
ein Abend von und mit Rainald Grebe
Handlung
Jahrelang gab es für viele nichts Aufregenderes als einen Zirkusbesuch. Menschen aller Stände, Klassen und Schichten strömten auf der Suche nach dem wohligen Schauer hinter sicheren Gittern, dem atemlosen Staunen über waghalsige Salti und der hemmungslosen Heiterkeit der Clowns in das Rund der Arena. Keiner, der je dort war, konnte den Geruch von Sägespänen, Tieren, Schweiß und Popcorn vergessen; keiner die Erwartung, gerade heute den ungeheuerlichsten Attraktionen aus den entlegensten Orten der Welt zu begegnen. Live, handgemacht, ohne Netz und doppelten Boden!
Zu jenen magischen Orten der Unterhaltung gehörte der Circus Sarrasani. Um 1900 von Hans Stosch-Sarrasani in Dresden gegründet, war er bald einer der größten und elegantesten in Europa. Kurz vor dem 1. Weltkrieg wurde in der Dresdner Neustadt ein festes Zirkusgebäude errichtet, das „Theater der 5000“. Heute scheint die Zeit des Zirkus zu Ende, nicht nur in Dresden. Die Gründe sind vielfältig. Der Zirkus war Weltausstellung, Völkerschau, Panoptikum und Jahrmarkt. Doch nie galt er als Kunstform, nie erfuhr er staatliche Förderung, immer stak er mittendrin in der Marktwirtschaft. Ein internationales Ding. Ein Riesenunternehmen. Ein Übertreibungsapparat. – Rainald Grebe macht sich auf die Suche nach Sarrasani, nach dem verlorenen Zirkus, auf die Suche nach Artisten und Raubtieren, nach U und E. Manege frei für ein Stück Dresden.
Zu jenen magischen Orten der Unterhaltung gehörte der Circus Sarrasani. Um 1900 von Hans Stosch-Sarrasani in Dresden gegründet, war er bald einer der größten und elegantesten in Europa. Kurz vor dem 1. Weltkrieg wurde in der Dresdner Neustadt ein festes Zirkusgebäude errichtet, das „Theater der 5000“. Heute scheint die Zeit des Zirkus zu Ende, nicht nur in Dresden. Die Gründe sind vielfältig. Der Zirkus war Weltausstellung, Völkerschau, Panoptikum und Jahrmarkt. Doch nie galt er als Kunstform, nie erfuhr er staatliche Förderung, immer stak er mittendrin in der Marktwirtschaft. Ein internationales Ding. Ein Riesenunternehmen. Ein Übertreibungsapparat. – Rainald Grebe macht sich auf die Suche nach Sarrasani, nach dem verlorenen Zirkus, auf die Suche nach Artisten und Raubtieren, nach U und E. Manege frei für ein Stück Dresden.
Dauer der Aufführung: 3 Stunden und 5 Minuten.
Eine Pause.
Eine Pause.
Besetzung
Regie
Rainald Grebe
Bühne
Janna Skroblin
Kostüme
Ira Storch-Hausmann
Musikalische Leitung / Einrichtung
Licht
Dramaturgie
Mit
Elias Baumann, Marin Blülle, Björn Böttcher, Marlen Brückner, Laura Dittmann, Irene und Konrad Eißler, Thomas Eisen, Richard Feist, Lennart Fiedler, Vivien Foller, Leo Goldberg, Rainald Grebe, Kriemhild Hamann, Sven Hönig, Eva Hüster, David Kosel, Isabella Krieger, Anja Laïs, Anton Löwe, Yulia Matzke, Kathrin Mlynek, Anna-Katharina Muck, Annie Nowak, Marlene Reiter, Sabine Rieck, Jens-Karsten Stoll, Maria Teichmann, Theresa Tippmann, Klaus-Dieter Werner, Christina Wintz, Susanne Zeiler
Und das nicht zu unrecht, denn die kurze Geschichte des ‚Circus Sarrasani‘, die in Dresden kurz vor Weihnachten 1912 am Königin-Carola-Platz begann, ist zwar eine großartige, aber in Summe doch recht traurige und endete nach nicht einmal einem Drittel Jahrhundert im Bombenhagel in der Nacht zum Aschermittwoch 1945, als früh um Vier die heiße Kuppel des einst größten und modernsten Zirkusbau Europas, in der mehrere brennende Phosphor-Bomben steckten, zusammenbrach – zwölf Mitarbeiter, hunderte Tiere sowie eine internationale Erfolgsgeschichte starben.
Klaus-Dieter Werner als Gastspieler, der mit seinen 107 Zentimeter Höhe aus eigener Anschauung exotische bis diskriminierende Erlebnisse zu schildern weiß, und hier vor allem als Napoleon für ambivalente Belustigung sorgt, ist oft mit Grebe unterwegs, während Janna Skroblin schon immer seine Bühnenbilder gestaltet. Kostümbildnerin Ira Hausmann, die hier sehr viel phantasievolle Arbeit hatte, kennt Grebe schon aus Zeiten seines Puppenspielerstudiums im frisch vereinnahmten Ostberlin, vor seiner Zeit als Weltenbummler der reflektierenden Art mit dichter Liebe zur Peripherie, wo Grebe als Dramaturg, Theater- und Liedermacher wirkt.
Hier zelebriert er gemeinsam mit 30 Akteuren eine wilde Varietéshow, die Elemente eines ironischen Kessel Buntes und rührendem Doku-Bürgertheater beinhaltet, weil auch alle Laienakteure ihre Besonderheiten zeigen. Dabei wird gezaubert, gebauchtanzt, auf dem blanken Drahtseil (Ruben Langer) balanciert oder im roten Vertikaltuch (Christina Wintz) geturnt, werden Riesenseifenblasen generiert, Messer geworfen, acht weiße Studententiger dressiert. Oft wird eingeschwebt, gesungen, getanzt – die Zirkusexotik und der Nervenkitzel gefeiert wie angeprangert.
Großartig bei den durchgespielten Schauspielszenen: Anja Laïs als Clown und der Ausbruch von Thomas Eisen aus seiner Rolle. Aber am meisten bleiben die großen Chorszenen in Opernoptik in Erinnerung: Die Indianerankunft von 1913 mit sächsischem Volksliedgut, wo sich der halbe Saal schon ob des lange schweigenden Anblicks kaputt lacht. Und die Fahrt per U-Boot nach England, von oben per Werner und Zeppelin erfolgreich verhindert.
Ein guter, sehr komplexer wie aufwändiger Theaterabend.“
Artisten und Schauspieler führen durch diesen bunten, bilderreichen, turbulenten Abend im Schauspielhaus Dresden.
Manege frei für Träume und Illusionen. Die große Zeit der Zirkusattraktionen in Dresden ist vorbei. Auch das erzählt das Schauspielhaus, durchaus melancholisch.“
Sven Hönig erzählt als Flohzirkusdirektor die Geschichte der Institution Sarrasani, die zu ‚Dresden gehört wie der Zwinger‘. Sie führt durch Weltkriege, Nazi- und DDR-Zeit, erfährt Aufstieg, Ruhm, und Niedergang. Da gibt es Welttourneen, da verrät eine Raubtierdomteurin ihre Sucht nach der täglichen Spannung, da kommt ein Indianerstamm zu Gast – der Shantys singt, was unfassbar witzig ist. Berührend Grebes Interview mit dem echten Künstlerpaar Irene und Konrad Eißler, die ohne Bitterkeit berichten, wie auch Artisten nach der Wende abgewickelt wurden.
Dazwischen immer wieder hinreißende Zirkus-Attraktionen, mal eine Messerwerfer-Parodie, mal poetische, atemberaubende Artistik am Kletterseil. Eine Live-Band (mit Schauspieler Thomas Eisen an Gitarre und Bass) spielt dazu Adeles bombastischen Bond-Song ‚Skyfall‘. Überhaupt mischt sich das Ensemble um die glänzend aufgelegte Anna-Katharina Muck immer wieder unter die Sänger, Tänzer und Artisten – Spielfreude pur in einer ausgelassenen, kunterbunten Theater-Wundertüte. Großer Jubel.“
Sofort drängt sich das Bild von der Arche Noah auf. Wie überhaupt diese ganze Zirkuswelt an den Schöpfungsbericht in der Bibel erinnert: Wenn Grebe die ‚Sarrasani‘-Geschichte auf die Bühne bringt, aber auf der zweiten Ebene eine Schöpfungsgeschichte einfügt, die von einer besseren Welt erzählt. Und auf der dritten Ebene ist es dann eine Geschichte über die Verzauberung der Zuschauer durch die Kunst.“
Das Publikum darf auch ganz verzückt sein, zum Beispiel wenn die Vertikaltuch-Künstlerin Christina Wintz geschmeidig hoch über dem Boden Kraftakte vollführt. Oder die Luftartistin Kathrin Mlynek Hula-Hoop-Reifen mehr als nur tanzen lässt.“
Von der über 30-köpfigen Darstellerriege aus ehemaligen und aktiven Artisten sowie Ensemblemitgliedern des Schauspielhauses ragen insbesondere Anna-Katharina Muck und Thomas Eisen heraus, die als Reporter immer wieder das unsichtbare Geschehen außerhalb der Bühne köstlich kommentieren. Nicht alles läuft rund während der Vorstellung, doch stets hat man das Gefühl, das bunte Treiben hat Methode, das Chaos Prinzip.“