Uraufführung 19.03.2015
› Kleines Haus 2
Bilder deiner großen Liebe
nach dem Roman von Wolfgang Herrndorf
Theaterfassung von Robert Koall
Theaterfassung von Robert Koall
Handlung
Am Anfang scheint alles schon zu Ende zu sein: In „Bilder deiner großen Liebe“, Wolfgang Herrndorfs letztem Roman, zeichnet der Autor eine düstere Welt. Sie ist bewuchert von dumpfen und rätselhaften Menschen – also genau jenem Anteil von Leuten, vor denen Maik Klingenbergs Eltern in „Tschick“ immer gewarnt haben; nur dass Maik und Tschick ausschließlich tolle Begegnungen mit tollen Fremden hatten. Nicht so Isa. Sie trifft im Grunde auf niemanden, dem sie vertrauen kann – außer sich selbst. Das macht ihre ohnehin schon hoffnungslose Situation noch aussichtsloser. Im Roman erklärt sie: „Der Abgrund zerrt an mir. Aber ich bin stärker.“ Aus schlimm wird schlimmer. Den ganzen Tag lang. Und doch gibt es eine Kraft, die das Mädchen trägt. Atemlos folgt man einer Heranwachsenden, die sich vorbehaltlos und unvorsichtig ins Leben schmeißt. Isa ist eine über-dem-Abgrund-Schwebende in ihrer Verrücktheit, ihrer Radikalität und auch in ihrer Gefährdung. Ihre Einsamkeit ist nicht die Einsamkeit des Verlassenseins; ihre Einsamkeit ist eine existentielle Erfahrung. Deshalb ist sie auch kein bedauernswertes Opfer, sondern eine starke, junge Frau.
Wolfgang Herrndorfs unvollendetes Fragment erinnert an Büchners „Lenz“ – gestrickt nach dem Muster einer road novel ist es nicht nur die eigenwillige Geschichte eines vierzehnjährigen Mädchens, das barfuß durch die Welt stolpert. Es ist auch eine Tarnung, mit deren Hilfe Wolfgang Herrndorf vielleicht konsequenter denn je die Auf-sich-Zurückgeworfenheit und Brutalität von Leben erzählt hat im Angesicht des Todes.
Wolfgang Herrndorfs unvollendetes Fragment erinnert an Büchners „Lenz“ – gestrickt nach dem Muster einer road novel ist es nicht nur die eigenwillige Geschichte eines vierzehnjährigen Mädchens, das barfuß durch die Welt stolpert. Es ist auch eine Tarnung, mit deren Hilfe Wolfgang Herrndorf vielleicht konsequenter denn je die Auf-sich-Zurückgeworfenheit und Brutalität von Leben erzählt hat im Angesicht des Todes.
Besetzung
Regie
Jan Gehler
Bühne
Sabrina Rox
Kostüme
Cornelia Kahlert
Dramaturgie
Licht
Isa
Lea Ruckpaul
Ein Mann
Video
Der Regisseur Jan Gehler beantwortet einige Theaterfragen
Können Sie sich daran erinnern, warum Sie sich einmal für das Theater als Kunstform entschieden haben?
Die Wahrheit? Das schönste Mädchen von Gera, ach, von ganz Thüringen hatte sich in der Achten in der Theater-AG meiner Schule angemeldet. Ich hab meinen Namen direkt unter ihren auf die Liste geschrieben. Sie ist dort nie erschienen, und ich fand mich in einem Klatschkreis wieder. Da bin ich geblieben, bis heute.
Spielt der jeweilige Ort, an dem Sie inszenieren, eine Rolle für Ihre Arbeit?
Eigentlich nicht. Ich würde immer sagen, dass Theater universal ist, vor allem in unserem Kulturkreis, das heißt verständlich von Dresden bis Bochum und von Stuttgart bis Hamburg. Aber jede Stadt hat auch ihre speziellen Themen. Ich mag Theater, das sich regional verortet und trotzdem über den Ort hinausweist.
Was hat Dresden?
Dresden hat eigentlich alles, was eine Großstadt auszeichnet. Es ist ein Vergnügungspark für Touristen, hat Plattenbauten, grüne Auen, alternative Subkulturen. Die Bereiche scheinen nur abgeschotteter voneinander zu sein als anderswo. Deswegen erscheint es provinzieller, aber gleichzeitig ehrlich. Eine ehrliche Spießigkeit.
Was fehlt der Stadt?
Definitiv: ein Meer mit Dünen.
Können Sie Ihren Stil beschreiben?
Suchen. Suchen. Weitersuchen.
Was ist bei der Arbeit zuerst da? Der Raum? Der Text? Eine Idee? Etwas vollkommen anderes?
Das ist natürlich unterschiedlich. Aber das Stadttheater ist schon sehr vom Text geprägt. Welche Stoffe zu einem passen, wird schon immer dialogisch mit dem jeweiligen Haus vereinbart. Und hat man sich dann geeinigt, WAS man erzählen will, geht es schnell um das WIE. Und da ist der Raum die nächste Komponente, denn der gibt immer schon sehr stark das Spiel vor. Viele Entscheidungen hebe ich mir aber gerne für die Proben auf. Manchmal habe ich auch erst ein Gefühl für einen Stoff, bevor ich ihn ganz durchdrungen habe.
Die Wahrheit? Das schönste Mädchen von Gera, ach, von ganz Thüringen hatte sich in der Achten in der Theater-AG meiner Schule angemeldet. Ich hab meinen Namen direkt unter ihren auf die Liste geschrieben. Sie ist dort nie erschienen, und ich fand mich in einem Klatschkreis wieder. Da bin ich geblieben, bis heute.
Spielt der jeweilige Ort, an dem Sie inszenieren, eine Rolle für Ihre Arbeit?
Eigentlich nicht. Ich würde immer sagen, dass Theater universal ist, vor allem in unserem Kulturkreis, das heißt verständlich von Dresden bis Bochum und von Stuttgart bis Hamburg. Aber jede Stadt hat auch ihre speziellen Themen. Ich mag Theater, das sich regional verortet und trotzdem über den Ort hinausweist.
Was hat Dresden?
Dresden hat eigentlich alles, was eine Großstadt auszeichnet. Es ist ein Vergnügungspark für Touristen, hat Plattenbauten, grüne Auen, alternative Subkulturen. Die Bereiche scheinen nur abgeschotteter voneinander zu sein als anderswo. Deswegen erscheint es provinzieller, aber gleichzeitig ehrlich. Eine ehrliche Spießigkeit.
Was fehlt der Stadt?
Definitiv: ein Meer mit Dünen.
Können Sie Ihren Stil beschreiben?
Suchen. Suchen. Weitersuchen.
Was ist bei der Arbeit zuerst da? Der Raum? Der Text? Eine Idee? Etwas vollkommen anderes?
Das ist natürlich unterschiedlich. Aber das Stadttheater ist schon sehr vom Text geprägt. Welche Stoffe zu einem passen, wird schon immer dialogisch mit dem jeweiligen Haus vereinbart. Und hat man sich dann geeinigt, WAS man erzählen will, geht es schnell um das WIE. Und da ist der Raum die nächste Komponente, denn der gibt immer schon sehr stark das Spiel vor. Viele Entscheidungen hebe ich mir aber gerne für die Proben auf. Manchmal habe ich auch erst ein Gefühl für einen Stoff, bevor ich ihn ganz durchdrungen habe.
Gibt es einen idealen Schauspieler?
Ja. Nein. Doch. Ja. Schauspielerinnen und Schauspieler, die bereit sind, in jedes Becken zu springen und auch eine Bauchlandung zu riskieren, die Lust haben zu spielen und logisch: solche, die alles machen, was ich sage, und gut mit dem Ball umgehen können.
Sie haben schon mehrfach Romanbearbeitungen auf die Bühne gebracht. Was kann ein Roman auf der Bühne? Was nicht?
Bei einer Romanbearbeitung auf der Bühne ist die Grund-situation sofort klar. Ein Ensemble erzählt eine Geschichte nach. Es erzählt und springt in Spielszenen. Dieser Wechsel ist großartig. Außerdem gibt es genügend Leerstellen, die man ausfüllen kann. Andererseits sind Zuschauer vielleicht voreingenommen, weil die beim Lesen gemachten Vorstellungen von Figuren und Bildern nicht dem entsprechen, was auf der Bühne passiert, also eine Erwartungshaltung nicht erfüllt wird.
Ein Probenritual, das Sie pflegen, ist die Entwicklung der Figuren aus Rollenspielen und Recherchetouren heraus. Was hat es damit auf sich?
In der Probe geht es ja nicht darum, Gänge und Töne von Sätzen einzustudieren, sondern am Ende muss so was wie ein Mensch auf der Bühne zu sehen sein. Um das zu erreichen, schicke ich die Figuren gerne auch in die reale Welt. Dabei geht es weniger um „Method Acting“, also das Einfühlen in eine fremde Person, sondern darum, die Schauspieler mit Situationen zu konfrontieren, in denen sie intuitiv reagieren müssen. Diese Erfahrungen können sie dann auf die Bühne mitnehmen, denn dass Schwierigste ist ja meist die Reproduktion, also jeden Abend die Geschichte neu zu erfinden.
Außerdem sterbe ich fast jedes Mal vor Lachen, wenn ich mich heimlich hinter parkenden Autos verstecke und beobachte, wie Tschick, der Taugenichts oder Christopher Boone durch Dresden stapfen.
Was soll das Theater?
Das Theater ist im besten Fall ein utopisches Spiegelbild unserer Zeit. Es soll die richtigen Fragen stellen, es soll unterhalten und irritieren. Es ist ein lebensnotwendiger Luxus.
Was nicht?
Theater darf sich niemals nur um sich selbst drehen, das heißt zu einem chiffrierten Spektakel werden, das nur Experten decodieren können.
Ja. Nein. Doch. Ja. Schauspielerinnen und Schauspieler, die bereit sind, in jedes Becken zu springen und auch eine Bauchlandung zu riskieren, die Lust haben zu spielen und logisch: solche, die alles machen, was ich sage, und gut mit dem Ball umgehen können.
Sie haben schon mehrfach Romanbearbeitungen auf die Bühne gebracht. Was kann ein Roman auf der Bühne? Was nicht?
Bei einer Romanbearbeitung auf der Bühne ist die Grund-situation sofort klar. Ein Ensemble erzählt eine Geschichte nach. Es erzählt und springt in Spielszenen. Dieser Wechsel ist großartig. Außerdem gibt es genügend Leerstellen, die man ausfüllen kann. Andererseits sind Zuschauer vielleicht voreingenommen, weil die beim Lesen gemachten Vorstellungen von Figuren und Bildern nicht dem entsprechen, was auf der Bühne passiert, also eine Erwartungshaltung nicht erfüllt wird.
Ein Probenritual, das Sie pflegen, ist die Entwicklung der Figuren aus Rollenspielen und Recherchetouren heraus. Was hat es damit auf sich?
In der Probe geht es ja nicht darum, Gänge und Töne von Sätzen einzustudieren, sondern am Ende muss so was wie ein Mensch auf der Bühne zu sehen sein. Um das zu erreichen, schicke ich die Figuren gerne auch in die reale Welt. Dabei geht es weniger um „Method Acting“, also das Einfühlen in eine fremde Person, sondern darum, die Schauspieler mit Situationen zu konfrontieren, in denen sie intuitiv reagieren müssen. Diese Erfahrungen können sie dann auf die Bühne mitnehmen, denn dass Schwierigste ist ja meist die Reproduktion, also jeden Abend die Geschichte neu zu erfinden.
Außerdem sterbe ich fast jedes Mal vor Lachen, wenn ich mich heimlich hinter parkenden Autos verstecke und beobachte, wie Tschick, der Taugenichts oder Christopher Boone durch Dresden stapfen.
Was soll das Theater?
Das Theater ist im besten Fall ein utopisches Spiegelbild unserer Zeit. Es soll die richtigen Fragen stellen, es soll unterhalten und irritieren. Es ist ein lebensnotwendiger Luxus.
Was nicht?
Theater darf sich niemals nur um sich selbst drehen, das heißt zu einem chiffrierten Spektakel werden, das nur Experten decodieren können.
Der um einen reichlichen Kopf größere Holger Hübner steht der Protagonistin Isa an Liebenswürdigkeit nicht nach, findet etwa bei der Erinnerung an seine erste Liebe auch zu anrührend melancholischen Tönen oder bei der Reminiszenz an „Tschick“ zum Halbstarken-Gestus von Maik. Alle Register des Komödianten beherrscht Hübner mit trockenem Humor ohnehin, man fühlt sich bei ihm reflexartig stets an den Klaus Uhltzscht aus Thomas Brussigs „Helden wie wir“ erinnert.“
Als Hommage an einen klugen, gewitzten Autor lässt sich der Abend gut empfehlen.“
Unaufdringlicher als hier kann man dem Schriftsteller Wolfgang Herrndorf – und seinem Werk – kaum huldigen.
Der materielle Minimalismus des Bühnenbilds – und der gesamten Inszenierung – mögen nebenbei den Theateretat schonen. In erster Linie aber überzeugt diese Kargheit ästhetisch, weil sie alle Konzentration auf die Worte lenkt, und auf die Weise, wie Lea Ruckpaul diesen Worten Geltung verschafft.“
Den Teenager, das rotzige, pseudo-abgebrühte, sehnsüchtige Mädchen, spielt Lea Ruckpaul überzeugend. Jan Gehler inszeniert behutsam, er will den Text wirken lassen.“
Nicht nur die erzählenden Passagen, so klar und geradeaus sie der famosen Hauptdarstellerin Lea Ruckpaul in den Mund gelegt waren, schäumten vor Vieldeutigkeit. Keine der fünf Szenen darin erlaubte sich auch nur ein einziges leeres Wort.“